Seiten

Mittwoch, 31. August 2016

Über das Glück des weißen Schneefeldes jenseits der Brücke. - Gegen Nietzsches ewige Wiederkunft des Gleichen.


Heute bin ich durch einen so genannten Zufall auf Regines Blog Regenbogen und Freudentränen gestoßen, der mich durch sein Header-Foto magisch zum Verweilen gezogen hat; mittlerweile weiß ich, dass es eine Arbeit von ihr ist, selbst gestaltet. Ehrlich mal: Hut ab! 
Eigentlich wollte ich heute Vormittag etwas ganz Anderes machen, aber der nahm dann einen anderen Verlauf.



 
Wie eine Schnecke in ihrem Haus geschützt sein wollen - das mag unbewusst diese Form auslösen, die als Spiralform noch viel weitergeht:

Alles Leben geht von einem Ursprung aus und so wie das Weltall sich ständig weiterdehnt, so wird die Bewegung der Spirale immer raumgreifender. Sie ist der lebendige Beweis, dass Nietzsche mit seiner Ewigen Wiederkunft des Gleichen nicht Recht hat. Es heißt in Also sprach Zarathustra:

Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins.
Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet, Alles grüsst sich wieder; ewig bleibt sich treu der Ring des Seins.
In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall. Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.

Es deutet sich in diesem Versuch, das Leben zu erfassen, schon jene melancholische Verzweiflung an, die dann in Turin zum Ausbruch seiner Geisteskrankheit führte. Letztendlich führt seine Sicht zu jener Hoffnungslosigkeit, die Camus am Ende seines Mythos schreiben lässt: Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen. - Müssen tun wir das Gott sei Dank nicht!

Es haben auch die nicht Recht, die ganz unphilosophisch behaupten, dass sich alles wiederhole. Ein Beleg ist da nicht, dass mancher auch bei der siebten Frau immer noch den gleichen Fehler macht. Das hat viel mit einem sehr resistenten inneren Programm und viel Verbohrtheit zu tun und nicht mit Polarität und Steigerung, die für Goethe die Ingredienzien für Entwicklung, also für Metamorphose, für ständige Wandlung als Lebensprinzip sind. Klar schwankt das Leben immer und immer wieder von einem Pol zum anderen, aber oft doch deshalb, damit als Nächstes ein höherer Schritt im Bewusstsein der Menchen geschehen möge.

Ich bin dann zu einem Post über Sehnsucht gelangt, der mir deshalb schon sympathisch war, weil viele Fragen gestellt werden. Das finde ich doch die beste Weise, an etwas heranzugehen. Ich wusste dann nicht, dass mein Kommentar, den ich schreibe, so ausführlich wird, aber es ist eben auch ein für mich so bedeutungsvolles Thema, das Regine da angestupst hat. Am Schluss nahm mein Kommentar dann eine Wendung, zu einem Bild, das mir fast heilig ist, weshalb ich ihn hier zitieren möchte:


(. . .) Dann hab ich noch Deinen Post über Sehnsucht gelesen, und ich glaube, da können unter 100 000 Menschen ungefähr eine(r) Ähnliches so ehrlich schreiben, mehr sind es vermutlich nicht. Ich gehöre zu denen, die in der Literatur und Mythologie diese Sehnsuchtsmenschen gern finden, als da – um nur ein paar zu nennen – Rilke ist mit „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, / die sich über die Dinge ziehn …“, Wilhelm Busch („Wie kam ich nur aus jenem Frieden / Ins Weltgetös? Was einst vereint, hat sich geschieden …“), Novalis („Wir träumen von Reisen durch das Weltall – ist denn das Weltall nicht in uns? Nach innen geht der geheimnisvolle Weg . . .“), Eichendorff („Schläft ein Lied in allen Dingen, / Die da träumen fort und fort, / Und die Welt hebt an zu singen / Triffst du nur das Zauberwort.“), Goethe („Wo fass ich dich, unendliche Natur? / Euch Brüste, wo? Ihr Quellen alles Lebens . . .“) oder Nietzsche („Die Krähen schrein / Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: / Bald wird es schnein, – / Weh dem, der keine Heimat hat!“), den der Wahnsinn vor weiterem Verfall und Weiter-Versteigen ins Übermenschentum bewahrte.

In den letzten Wochen ist mir klar geworden, dass Sehnsucht damit zusammenhängt, dass manche von uns spüren, dass die Begriffe nichts mehr taugen, mit denen wir sowas wie Liebe, EinsSein, Wahrheit oder Abendmahl erfassen. Irgendwie sind sie wie leere Bananenschalen und wir wollen wissen, was Liebe wirklich ist, doch mehr als ein Gefühl, als Wärmeaufwallung, als …
Was ist Seligkeit wirklich, oder Stille, Demut oder Gnade?

Wie weit sind wir vom Paradies entfernt?

Möglichst ohne verbohrt und verbissen zu sein surfen wir auf dem See der Wirklichkeit herum, den wir für letztere halten, wissend, dass einer der glücklichsten Momente von Petrus war, als er darin unterging und diese trügerische Sicherheit und Wahrheit der Oberfläche verließ, die er (noch nicht) verstand.

Ich werde Dich ein Stück weit mit Deinen Artikeln begleiten; es kommt mir so vor, als dass Du zu den ernsthaft Suchenden gehörst, die nicht ihr Suchen in alle Welt meinen posaunen zu müssen und dennoch bereit sind, ausgetretene Pfade zu verlassen, um über die Brücke zu gelangen ins Land der schönen Lilie von Goethes „Märchen“. Das aber mag dann ein Zustand sein, der sich wohl höchst, höchst selten auf der Erde einstellt; womöglich versuchen manche ihn zu konservieren, anstatt das Glück des weißen Schneefeldes jenseits der Brücke, das dem, der es betritt, allein gehört, zu genießen.

Viel Spaß beim Bloggen! Ich finde Deinen Start sehr hoffnungsvoll. Und sei sicher, Du wirst noch etliche Male verzweifelt sein und wieder mal nicht wissen, wie man in das Dashboard kommt oder die Widgets findet, (aber) der Aufwand lohnt sich. Was wir schreiben, ist doch immer ein Stück von uns!

Soweit mein Kommentar.

Das Bild der Brücke, über die wir gelangen müssen, - in Goethes Märchen gibt es mehrere Möglichkeiten hinüberzukommen - hat mich dann, wie schon früher, erneut sehr berührt und das weiße, weite Schneefeld, auf dem jeder so gern seine Spuren hinterlassen möchte. Irgendwann gehen wir alle dort, jeder auf seinem.
Wobei ich nicht sicher bin, dass es allen gelingt; immer gibt es Menschen und Wesen, die eine andere Richtung der Entwicklung wählen.

Darauf möchte ich dann in einem weiteren Post eingehen. Diese Atmosphäre, wenn man jenes Schneefeld betritt, die ist einfach heilig und die Aufgabe ist groß.

Keine Kommentare: