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Montag, 29. September 2014

Kore, Heilige Jungfrau der Griechen, Herz der Welt und Seele der Erde.

Über Kali Ma, Urgrund und Mutter der Welt, wie sie in dem Gebet einer tantrischen Schrift bezeichnet wird, bin ich auf die griechische Göttin Kore gestoßen und ihr Bild hat mich fasziniert - vielleicht, weil sie so ganz anders wirkt als die hinduistische Göttin, deren Bild in der westlichen Welt geprägt ist durch ihr zerstörerisches Wesen, ihr alles Leben verschlingendes Sein. Sie steht für die schreckliche, dunkle Mutter, in die Männer gern archetypische Urängste projizieren. Doch wird überliefert, dass Poeten viel mehr innige Rufe des Herzens vernommen haben, wenn sie die Gottheit nicht als Vater, sondern als Mutter verstanden. 
Die Dichter der Kali Ma näherten sich, so lesen wir in Das geheime Wissen der Frauen, einem hervorrragenden und viele wenig bekannte Quellen ausschöpfenden Lexikon, der Göttin in Liebe und es heißt:


Nur im Fühlen ist sie zu erkennen. 
Wie also könnte Mangel an Gefühlen Sie finden?

In wenigen Worten wird hier das Dilemma westlich-männlichen Denkens aufgezeigt, für das unvorstellbar ist, dass Erkennen im Fühlen gründet. Vielleicht bleibt deshalb so vielen Männern der Zugang zu Kali Ma - manche der älteren Namen Kalis finden sich übrigens sogar in der Bibel wieder - versperrt; vielleicht ist darin der Grund zu sehen, dass vor allem ihr zerstörerischer Aspekt, der darauf basiert, dass mütterliches Sein immer auch den Tod, der zum Leben gehört, mit einschließt, so dominieren muss. Nur über das Fühlen nämlich schließt sich in Wirklichkeit auf, dass auch Tod in Liebe gebettet ist. Dieser Zugang aber bleibt westlich geprägtem Erkennen meist verwehrt. 
Dabei heißt es über Kali Ma:" Ohne Tod sind diejenigen, die an der Brust der Mutter des Universums lagen." Schatzhaus des Mitleids wurde sie genannt, Lebensspenderin der Welt. Zugleich aber war sie auch Kundalini, die weibliche Schlange, und glich damit der archaischen Schlangenmutter, der ägyptischen Weltschöpferin. 
Solche Zusammenhänge nun überfordern in aller Regel Theologen und Denker christlicher Provenienz, deren Gottesvorstellung geschichtslos aseptisch ist, keimfrei und nicht wirklich. Auch darin liegen Gründe, warum das Christentum sich heute so schwer tut. Die Welt zerfällt nicht in Heiden und Christen. Bewusstsein fließt durch alle Zeiten.

Zurück zu Kore:
Die ebenmäßigen ausdrucksstarken Züge, die so viel Selbstachtung ausstrahlen, haben mich sogleich fasziniert.




In Das geheime Wissen der Frauen ist zu lesen:
Die Heiligtümer bei Karnak in Ägypten sowie die bei Carnac in der Bretagne waren gigantische Tempel und Bestattungskomplexe, die vor über 5000 Jahren der Göttin Kar oder Kore geweiht waren. In Frankreich gab es vergleichbare Heiligtümer an Orten mit ähnlich klingenden Namen: Kerlescan, Kercado, Kermaria (...)
Car oder Carna war den Römern bekannt als »eine Göttin aus den alten Zeiten«; die archaische Form, in der sie verehrt wurde, hing mit den Karneia-Festen in Sparta und dem klassisch römischen Karneval zusammen. Mitunter tauchte auch die Gottheit Carmenta auf, d.h. »Geist von Car«; ihr wurde die Erfindung des römischen Alphabets zugeschrieben. Ein sehr alter Tempel auf dem Caelius war dieser Göttin geweiht. Eine spätere Abwandlung ihres Namens war Ceres, das Ursprungswort für Wörter wie Korn, Kern, Zerealien, Kardia usw.
Faszinierend, die Bedeutung des Ewig-Weiblichen, wie es sich hier weltweit zeigt; der große Weise aus Weimar wusste schon, warum er es am Ende seines Faust II so eindeutig hervorhebt.
Goethe, der in einem protestantischen Elternhaus aufgewachsen und streng lutherisch erzogen worden war, lässt dennoch sein über fast 60 Jahre hin verfasstes Werk katholisch-marianisch enden: Mit der Mater Gloriosa taucht ganz am Ende Maria auf und zuvor schon ein Doktor Marianus.

Die Gottesmutter wendet sich an das ebenfalls anwesende Gretchen, um der Seele des verstorbenen Faust zu helfen:
Komm! hebe Dich zu höhern Sphären!
Wenn er Dich ahnet, folgt er nach. 
Maria weiß sehr genau, wie Männer zu beeinflussen sind und so kann der Chorus Mysticus singen:
Das Unbeschreibliche,
Hier ist´s getan.
Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan.
Das gilt für Jahrtausende, die wir überschauen!

Nicht von ungefähr wird das griechische kardia und das lateinische cor - beide bedeuten in ihrer Sprache Herz - von den Namen der vorchristlichen Göttinnen abgeleitet.

Kali Ma, Kore, Maria:  vielleicht EIN Strom kosmisch-weiblicher Energie.

Montag, 22. September 2014

Vom Wilden Mann, dem Herrn der Tiere, dem Gott der Tiefe, der Wunden und des Opfers

Zu Beginn des Brüder-Grimm-Märchens Eisenhans finden wir den Wilden Mann in einem Tümpel.
Vermutlich haben ihn die Menschen da untergebracht, denn seiner würdig ist dieser Ort nicht.

Als tanzender Herr aller Geschöpfe finden wir ihn an den Wänden der Dordogne-Höhlen, die vermutlich ungefähr 12 ooo v. Christus entstanden.
Robert Bly schreibt bezeichnenderweise:
In unserer industriell geprägten Gesellschaft ignorieren wir die Große Mutter, und wir ignorieren auch den Gebieter der Tiere. Wir gehören zu den ersten Menschen in der Geschichte, die versucht haben zu leben, ohne ihn und seine Tiefe zu ehren, seine Verletztheit und sein Wissen um ein angemessenes Opfer. Das hat dazu geführt, dass unsere Opfer unbewusst, regressiv, sinnlos, undifferenziert, selbstzerstörerisch und sehr groß geworden sind.
Um 1515 hat der deutsche Maler Schweiger ein eindrucksvolles Bild von Maria Magdalena als Wilder Frau gemalt. Vielleicht wusste Jesus sie als solche zu schätzen - wer weiß.

Ich glaube, es ist nicht in seinem Sinn, dass sich das Christentum so sexualitätsfeindlch und asketisch aufführte. Kein Wunder schlägt heute die Sexualität völlig degenerierte Kapriolen.
Augustinus sagte, ein Mann schäme sich von Natur aus seiner körperlichen Begierden und Männer der ersten nachchristlichen Jahrhunderte flehten, so berichtet Justinus, Chirurgen an, sie zu kastrieren.
Dahinter stand die Ansicht, Sexualität verhindere geistiges Wachstum.

Ohne dass ein Mann in sich den Wilden Mann befreit - und um das zu können muss er den Schlüssel zum Käfig des Wilden Mannes unter dem Kopfkissen der Mutter entwenden (!) -, bleibt er ein Leben lang Handlanger seiner Mutter, ein großer Bub, der nicht wirklich eine erwachsene Frau finden kann, denn die duldet Gott sei Dank keine Mutter neben sich. Dafür findet der große Bub vielleicht eine Frau, die ihren Vater mitbringt.
Im Inneren dieser Menschen ist der Weg zum Großen Vater und zur Großen Mutter damit aber gewiss verbaut.

Die langjährige Jung-Mitarbeitern Marie-Louise von Franz stellte fest, dass ihr in den letzten Jahrzehnten in Träumen von Männern und Frauen eine Figur aufgefallen sei, die sprirituell sei, aber auch von Haaren bedeckt (übrigens: Maria Magdalena oben war das auch!), eine Art behaarter Christus. Sie war der Auffassung, dass die Seele heute nach einer neuen Figur verlange, einer religiösen, aber doch auch haarigen Figur, die in Verbindung stehe mit Gott und der Sexualität, mit dem Geist und mit der Erde.

Das impliziert eine haarige Forderung, zu haarig für die aseptischen Menschen heute, die doch den Körper von allen Haaren befreien - gewiss kein Zufall. 

Samstag, 20. September 2014

Herbert Grönemeyer - Der Mond ist aufgegangen

Der Mond ist aufgegangen,
die gold´nen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.

Vorhin suche ich für mein Webinar eine Version von Der Mond ist aufgegangen und finde das:
 




Nur schön!

Siehe auch (mittlerweile erstellt:)


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Donnerstag, 18. September 2014

Die Generation Event startet wieder durch!

Das neue Schuljahr hat allüberall begonnen und der Trend wird sich weiter verstärken, dass das Normale, Alltägliche nicht mehr zählt, es sei denn, es wird zum Event.

Aufmerksam wurde ich auf diesen Aspekt, als mir vor den Großen Ferien eine Sportkollegin und dreifache Mutter genau das berichtete, dass nämlich jeder Kindergeburtstag, jedes mögliche Ereignis, das sich dafür eignet, zum Event stilisiert werden muss; sonst – so möchte ich den Gedanken fortführen – zählt es nicht, sonst ist es für ein Kind womöglich eine defizitäre Veranstaltung nach dem Motto: Wenn Du mich liebst, mach ein Event!

Sind intrinsisch Motivierte zunehmend von gestern?

Kinder, die nur vom Drei-Meter-Brett sprangen, wenn der Lehrer oder Klassenkameraden zusahen, gab es schon immer. In der Motivationspsychologie nennt man sie extrinsisch motiviert. Es gab oder gibt aber auch schon immer die anderen, denen es schnurzpiepegal ist, ob jemand zuguckt oder nicht: Sie springen, und ihr Sprung ist FÜR SIE ein Erlebnis, es ist ein ERLEBNIS AN SICH.

Dass ein Kind von Natur aus in die ein oder andere Richtung tendiert, mag sicherlich sein; natürlich aber gibt es eine Erziehung, die Kinder von Lob und Tadel abhängig macht und extrinsische Motivation schon früh konstelliert.

Und es gibt eine gesellschaftliche Entwicklung, die das ebenfalls fördert, denn was wir seit einiger Zeit wahrnehmen können, ist, dass in einem vorher nicht gekannten Ausmaß Menschen Dinge tun, nur, weil sie für andere ein Ereignis sind. Und diese Tatsache stilisiert sie in ihren eigenen Augen als Person offensichtlich zur beachtenswerten Persönlichkeit. Der Schein, das Event wird zum Zweck der Existenz. Damit einher geht, dass es nicht mehr primär darum geht, etwas selbst zu erleben, sondern damit prunken zu können, etwas erlebt zu haben.

Erfahrung im Sinne einer Persönlichkeitsbildung spielt immer weniger eine Rolle; Er-Leben degeneriert zum Event, zum Like-Auslöser auf diversen Plattformen.

Nur was geil ist, zählt.

wer weiterlesen möchte: hier

Dienstag, 16. September 2014

Wir sind von Natur aus Künstler des Lebens!

Man kann nicht erwarten, daß wir alle Wissenschaftler sind, aber wir sind von Natur aus so beschaffen, daß wir alle Künstler sein können — natürlich nicht bestimmte Künstler wie Maler, Bildhauer, Musiker, Dichter usw., sondern Künstler des Lebens. Dieser Beruf, »Künstler des Lebens«, mag neu und ziemlich seltsam erscheinen, aber tatsächlich sind wir alle als Künstler des Lebens geboren. Aus Unwissenheit jedoch üben die meisten von uns diese Kunst nicht aus, und das Ergebnis ist, daß wir unser Leben verpfuschen, indem wir fragen: »Was ist der Sinn des Lebens?« »Stehen wir nicht vor dem puren Nichts?« »Wohin gehen wir, wenn wir achtundsiebzig oder sogar neunzig Jahre alt geworden sind? Niemand weiß es« (...) Wie ich höre, ist dies der Grund für die Neurosen, an denen die meisten modernen Männer und Frauen leiden. Aber der Anhänger des Zen kann ihnen sagen: sie haben alle vergessen, daß sie als Künstler, als schöpferische Künstler des Lebens geboren wurden und daß sie von Neurosen, Psychosen, oder wie sie ihre Leiden auch nennen mögen, geheilt sein werden, sobald sie diese Tatsache und Wahrheit erkannt haben.

auf dem Franziskusweg/Rhön
Was versteht man nun unter einem Künstler des Lebens? Soviel wir wissen, müssen alle Arten von Künstlern irgendein Instrument benutzen, um sich auszudrücken und ihre Schöpferkraft in irgendeiner Form zu demonstrieren. Der Bildhauer benötigt Stein, Holz oder Ton sowie Meißel oder irgendwelche anderen Werkzeuge, um seine Ideen auf das Material zu übertragen. Aber ein Künstler des Lebens braucht nicht aus sich herauszugehen. Alles Material, alles Werkzeug, alle technische Handfertigkeit, die normalerweise erforderlich sind, trägt er vom Augenblick seiner Geburt, ja vielleicht schon bevor ihn seine Eltern geboren haben, in sich. Das ist ungewöhnlich und außerordentlich, sagen Sie vielleicht, aber wenn Sie ein wenig darüber nachdenken, werden Sie sicherlich verstehen, was ich meine. Wenn nicht, will ich es Ihnen noch genauer erklären: 
Der Körper, der physische Körper, den wir alle besitzen, ist das Material und entspricht der Leinwand des Malers, dem Holz, Stein oder Ton des Bildhauers, der Geige oder Flöte des Musikers, den Stimmbändern des Sängers. Und alles, was zum Körper gehört wie Hände, Füße, Rumpf, Kopf, Eingeweide, Nerven, Zellen, Gedanken, Gefühle, Sinne - kurz alles, was die gesamte Persönlichkeit ausmacht -, ist gleichzeitig das Material und das Werkzeug, mit dem der Mensch seine schöpferische Begabung in Verhalten Benehmen, in alle Formen von Handlungen, kurz in das Leben selbst umformt. 
Das Leben eines Künstlers des Lebens spiegelt jedes Bild wider, das er aus der unerschöpflichen Quelle seines Unbewußten erschafft. Jede seiner Taten ist Ausdruck seiner Originalität, Schöpferkraft und lebendigen Persönlichkeit. In ihm gibt es keine Konventionalität, keine Konformität, keine hemmende Motivierung. Er bewegt sich so, wie es ihm gefällt. Sein Verhalten ist wie das des Windes, der bläst, wie er mag. Sein Ich ist nicht in seiner fragmentarischen, begrenzten, gehemmten egozentrischen Existenz eingekerkert; er hat sein Gefängnis verlassen. 
Einer der großen Zen-Meister der Tang-Dynastie sagt: »Ein Mensch, der allüberall Herr seiner selbst ist, ist stets sich selbst treu.« Diesen Menschen nenne ich den wahren Künstler des Lebens. 
Sein Ich hat das Unbewußte, die Quelle unendlicher Möglichkeiten berührt. Er ist »Nicht-Geist«. 
Der hl. Augustinus sagt: »Liebe Gott und tu, was du willst.«

Daisetz Teitaro Suzuki in Zen-Buddhismus und Psychoanalyse

Samstag, 13. September 2014

DA BACH HAD SEHNSUCHT NACH'N FLUSS UND DA FLUSS HAD SEHNSUCHT NACH'N MEER

Einer meiner absoluten Lieblingssätze - von einem Mann, der viele merkens-werte und bemerkenswerte Sätze geschrieben hat und leider viel zu früh, 2007, verstorben ist, als er einem Krebsleiden erlag: Georg Danzer.

Ein weiterer wichtiger Satz kommt ebenfalls in dem folgenden Lied vor:

KA MENSCH WIRD OHNE SINN GEBURN ...

Ja, jeder Mensch, wenn er geboren wird, ist gleichsam in den Sinn seines Lebens eingebettet.

Leider gibt es viele Einflüsse, die doch viele, zu viele Menschen in Brackwasser oder Kehrwasser treiben, wo sie ihr Leben verbringen.
Leider üben Vater oder Mutter oft einen unseligen Einfluss auf den Lebenslauf ihrer Kinder aus. Morgen, anlässlich meines Webinars, werde ich etwas ausführlicher darauf eingehen, was die C.G.Jung-Mitarbeiterin Marie-Louise von Franz über die männliche Seite in der Frau, den sogenannten Animus schreibt:
Der Vater gibt dem Geist der Tochter die spezifische Färbung jener erwähnten undiskutierbaren Ansichten〚ein Aspekt, wie sich der Animus in einer Frau zeigen kann, worüber vorher geschrieben worden war〛, die so oft die Wirklichkeit der Tochter verfehlen. Leider merkt eine Tochter zu oft nicht, dass sie Ansichten vertritt, die gar nicht die ihren sind.
Ohne dass wir es merken, steuert manche Mutter das Leben ihres Sohnes - übrigens auch noch nach ihrem Tod -, und dasselbe kann der Vater mit der Tochter tun. Kann, muss nicht - wir haben vieles in unserem Leben zu enttarnen und besonders skeptisch bin ich immer, wenn ich von jemandem höre: Ich habe ein ganz liebes Elternhaus gehabt.
"Liebe" kann so erdrückend sein, wenn Kinder immer lieb sein wollen, weil doch die Eltern so lieb sind/waren. - Vorsicht!

Der Sinn unseres Lebens ist, dass wir das Meer erreichen, dass wir nicht in einen Seitenarm reinschwimmen und uns da häuslich niederlassen, sondern dass wir uns von den Wassern des Lebens tragen lassen.
An Danzers Lied musste ich bei der Vorbereitung eines Seminars denken, im Rahmen dessen es um gefährliche Wasser geht.
Ja, wir müssen uns vorsehen, wenn die Charybde in uns lostost, wie sie das immer wieder tut, und dass wir als Mann z.B. nicht - wie der Schiffer im kleinen Schiffe, wie es in Heines Lied heißt - an einer Loreley scheitern. Dass wir uns nicht selbst um unser Leben bestehlen:


Im Schwarzwald: unterwegs zum Meer

















Georg, Danzer: MEI LEB'N

DE MEISTN LEB'N IHR LEB'N AUF PROBE
OIS KENNT'N S' OLLAS WIEDAHOIN
DAUN KUMMANS DRAUF DASS DES NED WOA IS
UND FÜHN SI UM IHR LEB'N BESCHDOIN
DAUNN WEANS GEHÄSSIG UND VABITTERT
UND WOIN DE JUNGAN EINEDRAHN
AUS REINA BOSHEIT UND AUS RACHE
WEUS SÖWA FEIGE SCHWEINE SAN

I HOIDS JEZD NIMMA LÄNGA AUS

UND DI ENTSCHEIDUNG FALLT NED SCHWER
DA BACH HAD SEHNSUCHT NACH'N FLUSS
UND DA FLUSS HAD SEHNSUCHT NACH'N MEER
MEI LEB'N IS MEI LEB'N
UND MEI LEB'N GHEAD MIA

I WASS GENAU, DASS IHR NED RECHT HABTS
UND WÜ NIE SO WERD'N WIE IHR
WEU EICHRE G'SICHTA SAN AUS PLASTIK
UND EICHRE HERZ'N AUS PAPIER

A HOFFNUGSLOSER OPTIMIST
IS ANA, DER AUNS GUADE GLAUBT
UND DEM, A WAUN ER TRAURIG IS
NIX AUF DA WÖD DIE HOFFNUNG RAUBT
MEI LEB'N IS MEI LEB'N
UND MEI LEB'N GHEAD MIA
(KANN VODA, KAN LEHRA, KAN MASTA, KAN SCHDOD)

UND ANS, DES MUASST DA TÄGLICH SCHWÖR'N
DI NIE UND NIMMA AUFZUGEB'N
DAUN KÄMPFST AN EHRENWERT'N KAUMPF
DES IS DA KAUMPF UMS ÜBERLEB'N
I HOB SO SEHNSUCHT NACH MIA SÖBST
I WÜ MEI LEB'N NED VERTUAN
I WASS NED FÜ, NUA ANS IS G'WISS:
KA MENSCH WIRD OHNE SINN GEBURN ...

Sonntag, 7. September 2014

Warum die Großmutter Groß-Mutter heißt und was man von Rotkäppchen lernen kann!

Man kann als Lehrer nicht umhin zu erkennen, dass Großeltern für Kinder eine bedeutende Rolle spielen. Bisweilen überwinden sie den Tod von Großvater oder Großmutter nur schwer. Jedenfalls habe ich das wiederholt festgestellt, wenn ich Klassenlehrer einer 5. und 6. Klasse war.
Immer wieder, wenn Kinder von ihrer Familie erzählt haben, dann taten sie das besonders liebevoll von der Großmutter, übrigens mehr noch als von dem Großvater.
Bei C.G. Jung habe ich gelesen, dass, wenn das kindliche Ich sich entwickelt und einen mehr und mehr differenzierenden Blick auf die eigene Mutter erlaubt, die Großmutter als Große Mutter in den Vordergrund rückt.
Die Große Mutter ist ja nach Ansicht des bedeutenden Schweizer Psychologen ein Archetypus in der menschlichen Seele, also ein Grundmuster, was jeder Mensch in sich trägt. Jeder hat in seiner Seele einen Platz für etwas, was Jung als etwas bezeichnet, das einer Idee im Sinne des griechischen Philosophen Platon gleichkommt, eine ursprüngliche Wesenheit.
Was da vorhanden ist - gleichsam ein Platzhalter, der gefüllt sein will - wird in jedes Menschen Leben in der Regel ausgefüllt durch die reale Mutter. Und wenn auf diese nicht mit der Zeit eine differenzierende, distanzierte Sicht eintritt, dann wirkt diese Mutter - gleichsam als Große Mutter - aus dem Urgrund der Seele ein Leben lang. Gerade bei einem Mann ist das wichtig, denn seine weibliche Seite, seine Anima, ist ja maßgeblich durch sie geprägt. Sie kann in seinem Leben als depressive Laune, Reizbarkeit und ewige Unzufriedenheit auftreten, sie kann es sein, die dem Mann immer einflüstert, dass doch alles keinen Sinn habe, sie kann eine heimlich-unheimliche Angst vor dem Tod in ihm installieren. Letztendlich kann sie auch verantwortlich sein für eine gelebte Homosexualität.
Wenn das Ich eine differenzierende Sicht auf die eigene Mutter erlaubt, übernimmt die Großmutter die bisherige Rolle der Mutter.
Sie wird zur Groß-Mutter.
Sie ist dann die Gestalt, in die alles Gute und weniger Gute hineinprojiziert wird; sie ist Pool für die Wärmespenderin und die Höhle, in die man sich kuschelt genauso wie das Hexenhafte, das man in ihrem Wesen vielleicht zu erspüren vermag, für alles Numinose, Vergangene.
Die eigentliche Große Mutter kennt keine Differenzierung in Gut und Böse.
Unglaublich, was dieser Archetypus für Ausprägungen erfahren kann - Jung hat sie einmal in Die Archetypen und das kollektive Unbewußte aufgelistet:


die persönliche Mutter und Großmutter; die Stief- und Schwiegermutter, irgendeine Frau, zu der man in Beziehung steht, auch die Amme oder Kinderfrau, die Ahnfrau und die Weiße Frau, in höherem, übertragenem Sinne die Göttin, speziell die Mutter Gottes, die Jungfrau (als verjüngte Mutter, zum Beispiel Demeter und Kore), Sophia (...); die Materie, die Unterwelt und der Mond, in engerem Sinne als Geburts- oder Zeugungsstätte der Acker, der Garten, der Fels, die Höhle, der Baum, die Quelle, der tiefe Brunnen, das Taufbecken (...); im engsten Sinne die Gebärmutter, jede Hohlform (...); die Yoni; der Backofen, der Kochtopf; als Tier die Kuh, der Hase und das hilfreiche Tier überhaupt.

Im Wesen des Menschen ist all dies als Bewusstsein enthalten und wirkt über Märchen und Volkslieder.
Das ein oder andere findet sich auch als Inhalt in meinem nächsten Webinar Die Weisheit der Volkslieder (II): Gefährliche Wasser für Liebe und Leben.

Die reale Großmutter ist also wirklich oft eine Große Mutter - und es ist gut, dass sie es sein kann.
Wir brauchen dieses heimelige Gefühl, dieses Gefühl, daheim zu sein, ein Gefühl, dass uns die Große Mutter gibt - oder sagen wir: geben möchte, wenn uns der Zugang zu ihr nicht verstellt ist. Siegfrieds Kampf gegen den Drachen war auch ein Kampf gegen den negativen, zerstörerischen Aspekt der Großen Mutter. 

Gut, wenn man, wie Rotkäppchen, so einen wachen Animus, eine wache männliche Seite hat wie es in seinem Falle der Jäger ist; denn manchmal ist man nicht einmal in der Lage, den Wolf von der Großmutter zu unterscheiden.
Gut im Übrigen auch, wenn man aus Fehlern lernt; Rotkäppchen konnte das, es heißt nämiich bei den Gebrüdern Grimm,
daß einmal, als Rotkäppchen der alten Großmutter wieder Gebackenes brachte, ein anderer Wolf ihm zugesprochen und es vom Wege habe ableiten wollen. Rotkäppchen aber hütete sich und ging gerade fort seines Wegs und sagte der Großmutter, daß es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt hätte: »Wenn's nicht auf offner Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen.« »Komm«, sagte die Großmutter, »wir wollen die Türe verschließen, daß er nicht herein kann.« Bald darnach klopfte der Wolf an und rief: »Mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich bring dir Gebackenes.« Sie schwiegen aber still und machten die Türe nicht auf: da schlich der Graukopf etlichemal um das Haus, sprang endlich aufs Dach und wollte warten, bis Rotkäppchen abends nach Haus ginge, dann wollte er ihm nachschleichen und wollt's in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte, was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog, da sprach sie zu dem Kind: »Nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.« Rotkäppchen trug so lange, bis der große, große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich nicht mehr halten konnte und anfing zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein, und ertrank. Rotkäppchen aber ging fröhlich nach Haus, und tat ihm niemand etwas zuleid.

Mittwoch, 3. September 2014

Endlich ein Ende mit dieser politischen Bigotterie!

Während sich Hunderttausende von Landsleuten für kaum 7 Euro netto bucklig arbeiten - wissend, dass sie im Alter bettelarm sind -, kümmert sich Angela Merkel vor allem um Außenpolitisches.
Die SPD in Person des Außenminister Steinmeier nicht minder (warten wir das nächste Wählervotum auf Bundesebene ab! Die SPD wird mal wieder nicht verstehen, wie es zustande kommt, wo doch ihr Frank Walter so beliebt ist und so gute Arbeit leistet . . .).

Um 3.30 Uhr aufstehen, um 6 Uhr das Kind abliefern . . .

Menschen wie diese alleinerziehende Mutter und Multi-Jobberin, die im Fokus der von der Tagesschausprecherin Judith Rakers gestalteten NDR-Reportage am Freitag, 5. September um 21.15 Uhr standen, beginnen ihren Tag um 3.30 Uhr, liefern ihr Kind um 6 Uhr im Kindergarten ab und treten ihren Job um 7 Uhr nach 50 Minuten Fahrzeit an. Manchmal geht der Tag bis zum nächsten Morgen um 6.30 Uhr, wenn nämlich der Zweit-Job ansteht, der das finanzielle Überleben sichert. - Beide Frauen waren am 2. September vorab bei Markus Lanz zu sehen.

Woran liegt es, dass für unsere Gesellschaft, ihre Not zu wenden nicht not-wendig ist?
Woran liegt es, dass diese Parteien mit ihrem „C“ = christlich für solche Menschen im Grunde kein Interesse zeigen, auch wenn sie nicht umhin konnten, den Mindestlohn einzuführen?
Woran liegt es, dass wir ergriffen dem Schicksal solch einer Frau und vergleichbarer lauschen - das Herz tut uns weh und wir überlegen kurzfristig, ob wir ihr nicht ein oder ein paar Hunderter zukommen lassen können -, aber im Alltag diese Menschen nicht sehen, nicht finden, die ja irgendwo sein müssen?

Es sind ja nicht Hunderte oder Tausende, es sind mittlerweile Hundertausende.
Diese Menschen haben ja keine Kraft und Zeit, sich zu organisieren. Zudem halten sich nicht wenige unter ihnen dank ihrer Erziehung für schuld an ihrem Dilemma - dann also den Mund halten! - Die Kirchen machen nicht wirklich den Mund auf für sie, die Gewerkschaften auch nicht, die Parteien schon gar nicht.

Eine gewaltige kollektive Vorurteilsstruktur

Irgendwie sind sie doch auch selber schuld. Meistens sind es doch Alleinerziehende, die sich getrennt haben, wahrscheinlich bindungsunfähig oder so verkappte Emanzen, die nicht wirklich eine Beziehung wollten.
Und die, die so ein Schicksal trifft, die haben es doch auch irgendwie gewollt! Mal ehrlich, wer will, bringt es auch zu was! Kann doch schließlich jeder heute einen vernünftigen Beruf lernen!
Nicht wahr!

Es muss eine gewaltige kollektive Vorurteilsstruktur geben, die es möglich macht, dass unser Land geflissentlich hunderttausende von Schicksalen ignoriert.
Klar gucken wir doch lieber alle nach oben als nach unten! Das würde ansonsten bedeuten, dass wir in uns nach unten gucken müssten in irgendwelche vor sich hinmorchelnden Keller eines ziemlich intoleranten Umgangs mit ziemlich intoleranten Seiten in uns und somit auch mit realen Menschen, die nicht im Licht stehen.
Im Blitzlichtgewitter der Medien stehen Muttergestalten wie Angela Merkel. 

Gern kümmert sie sich um die im Licht stehenden Deutschen und um die nicht im Licht Stehenden, vorausgesetzt, sie leben im Ausland - mit denen kann man halt einfach auch weltpolitisch mehr Image-Punkte sammeln, als wenn man sich um so eine Frau aus Hamburg kümmert, wie sie am Freitag zu sehen sein wird.

Familie in Not!

Oder um eine Familie, von deren Schicksal auf der betterplace-Plattform zu lesen ist, von der dort aber zwischen so viel Syrien-Problemen - wobei diesen Menschen gewiss auch geholfen werden sollte - kein Mensch Notiz nimmt, die hier aber beispielhaft ausgewählt sein soll, weil sie mitten unter uns untergeht. 
Jürgen Lehner, der dieses Hilfsprojekt betreut, schreibt dort:

Akut benötigt eine Familie mit 4 Kindern unsere Hilfe, die nach schwerer Krankheit des Vaters vor der Zwangsversteigerung steht. Der Vater ist seit Jahren Mitglied des Nürnberg Business Club und war immer hilfsbereit für andere da.
Noch kann diese Familiengeschichte ein gutes Ende nehmen.

Um ihren 4 Kindern ein gutes Umfeld zu bieten, haben die Eltern ein kleines Eigenheim finanziert. Der Halbtagsjob der Mutter und die Selbständigkeit des Vaters reichten gerade so. Auf Urlaub und viele Annehmlichkeiten mussten sie jedoch verzichteten. Wichtig war ihnen, dass die Kinder glücklich aufwachsen und ihre Kindheit genießen können.

Unerwartet erkrankte der Vater schwer und das Einkommen seiner Selbständigkeit fiel weg. Die Altersrücklagen wurden angegriffen und der Gürtel um einiges enger geschnallt. Ihre große Sorge galt jetzt besonders den 4 Kindern, die noch zur Schule gehen und eine unbeschwerte Kindheit haben sollen.
Von der Bank wurde nun die Verlängerung des Darlehens abgelehnt und die Zwangsversteigerung eingeleitet. Für das Heim hatte die Familie jahrelang Entbehrungen auf sich genommen, auf Urlaub und viele Annehmlichkeiten verzichtet.
Es ist leicht vorstellbar, welch schwere psychische und auch physische Belastung die Familie durchmacht. Falls es zur Zwangsversteigerung kommt, geht alles verloren für was die Eltern ein Leben lang gearbeitet hatten. Die Kinder werden aus ihrem Umfeld gerissen und verlieren ihr Zuhause.

Damit es nicht so weit kommt und die Zwangsversteigerung noch abgewendet werden kann, wurde dieses Hilfsprojekt ins Leben gerufen.
Ziel des Hilfsprojekts ist es, dass das Zuhause von einer Genossenschaft übernommen und der Familie das Wohn- und Nutzungsrecht gewährt wird. Damit hat die Familie mit geringerer Belastung wieder Luft ihr Leben zu ordnen und den Kindern bleibt ihr Zuhause erhalten.

Spenden über betterplace.org oder direkt über das Konto des Nürnberg Business Club kommen zu 100% an:

SET-4U Services
Postbank Nürnberg
IBAN: DE 10 760 100 850 002 247 855
BIC: PBNKDEFF
Vermerk: "Familie in Not, F. Nuernberger 2014“

Was ansteht

Ich finde es an der Zeit, höchste Zeit, dass Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, sehr vermögende Sportverbände wie der DFB, große Firmen und andere Einrichtungen sich zusammensetzen und einen Fond gründen, der Menschen in Not unterstützt und der sich Gedanken macht, wie ein Land, das doch wirklich blüht, bereit ist, sich seiner Schattenseite anzunehmen, die eben auch darin besteht, dass unter uns Hunderttausende, um zu überleben, multijobben müssen.

Unsere Parteien allein kriegen das nicht hin. Sie haben zu wenig Interesse an den Menschen.

Wir wissen genau, dass Hunderttausende von Menschen in einigen Jahren in großer Altersarmut leben werden, einer Altersarmut, die dann auch ein Deutschland, das sein Herz entdeckt hat, nicht mehr verhindern kann.

Montag, 1. September 2014

Über verkommene Ehefrauen und destruktive Schwestern!

Zufälle gibt´s! - Kürzlich wollte ich in meinem Traumtagebuch nachlesen, wie das genau ablief, als mir der Tiger begegnete, da stieß ich auf einen Traum, den ich komplett vergessen hatte: 

Ich bin in meiner Wohnung, aber sie liegt im Traum in einem Hochhaus. Meine Schwester ist da. Mit einem fiesen, fast diabolischen Grinsen bringt sie meine Wohnung durcheinander. Zuerst bekomme ich nichts mit, dann merke ich, dass die Tür meines Eisschranks sich oben und unten nach außen wellt. Ich versuche, sie zurechtzubiegen. 

Sie schließt nicht richtig. Ich stelle was dagegen. 
Dann fällt ein Teil der Tür wie eine Leiste zur Seite. 
Im Hintergrund agiert meine Schwester. 
Auf einmal ist das Herd-Innere freistehend und herausgezogen. Die Platten sind an ...

Vielleicht war es mir damals nicht so bewusst, heute jedenfalls ist mir klar, dass meine ältere Schwester im Traum nichts mit meiner realen Schwester zu tun hat. Die Schwester im Traum ist ein Teil meiner anima, meines weiblichen Teils, der natürlich viele Facetten aufweist; eine zeigt mir der Traum: 
Im Grunde komme ich kaum mehr nach, in Ordnung zu bringen, was da diese innere Frau in mir und mit mir anstellt. Dabei werden Dinge wie das Herdinnere freigesetzt, die man normalerweise nicht zu Gesicht bekommt. Und das bei Herdplatten, die an sind. Das ist schon heiß - auch im übertragenen Sinn.
Keine Frage, dass dieser Teil meiner Beziehung zu Frauen nicht gut tat; die anima steht aber auch für die Beziehung zur Natur, für die Liebesfähigkeit, vor allem aber auch die eigene Beziehung zum Unbewussten.
Nicht gut, wenn da alles so chaotisch ist! Zumal auch der Ort, die Küche, für einen Traumtherapeuten aufschlussreich ist. 

Mich erinnert das an einen Traum, den C.G. Jung in seinem hervorragenden Buch, das er mit seinen Mitstreitern gemeinsam gestaltet hat - "Der Mensch und seine Symbole" - beschreibt:

Einer meiner Patienten träumte einmal von einer betrunkenen, vulgären Frau mit aufgelösten Haaren. Im Traum schien es seine eigene Frau zu sein, obgleich seine wirkliche Frau völlig an­ders war. Oberflächlich betrachtet war der Traum daher schockierend unwahr, und der Patient wies ihn sofort als unsinnig zurück. Wenn ich ihn hätte assoziieren lassen, so hätte er bestimmt ver­sucht, sich so weit wie möglich von der unangenehmen Aussage seines Traumes zu entfernen [. . .]

Jung schreibt dann weiter:

Was aber wollte sein Unbewusstes mit einer so offensichtlich unwahren Feststellung sagen? Es handelte sich ja augenscheinlich um die Idee eines degenerierten Weiblichen, das mit dem Leben des Träumers eng verbunden war; aber da die Projektion dieses Bildes auf seine Ehefrau ungerechtfertigt und faktisch unrichtig war, musste ich anderswo suchen, bis ich herausfand, was dieses abstoßende Bild darstellte.
Im Mittelalter, lange bevor die Physiologen bewiesen, dass sich auf Grund unserer Drüsenstruktur in jedem von uns männliche und weibliche Elemente befinden, sagte man:„Jeder Mann hat eine Frau in sich.“ Dieses weibliche Element in jedem Mann habe ich als die Anima bezeichnet. Dieser „feminine“ Aspekt besteht im Wesentlichen in einer etwas minderwertigen Beziehung zur Umgebung, insbesondere zu Frauen, was man aber sorgfältig vor sich selbst und vor anderen verheimlicht. Mit anderen Worten: Wenn auch die sichtbare Persönlichkeit eines Menschen vielleicht ganz normal erscheint, so kann die­ser doch sehr wohl vor anderen - und sogar vor sich selber - den bekla­genswerten Zustand der „inneren Frau“ verbergen.
Das war bei diesem Patienten der Fall: Seine weibliche Seite war durchaus nicht schön. Der Traum sagte ihm:„In gewisser Weise benimmst du dich wie eine verkommene Frau“, und gab ihm dadurch einen ordentlichen Schock.


Ich mag die Ansicht Jungs, dass die Anima im Wesentlichen in dieser minderwertigen Existenz besteht, nicht ganz teilen. Es kann so negativ sein, muss es vielleicht aber nicht sein. Ich würde das nicht so generalisieren wollen, wobei Jung natürlich unvergleichbar kompetenter ist als ich. 

Dass es schon eine Weile her, ist, als er seinen Artikel schrieb, merkt man daran, dass er von Drüsen spricht; heute würde er sich auf auf das X- und Y-Chromosom beziehen. Aber seine Aussagen finde ich nach wie vor ganz ganz hilf- und aufschlussreich.
Was nun meinen Traum betrifft, so war und ist seine Deutung natürlich eindeutig. Im Traum habe ich übrigens meine Schwester versucht aus der Wohnung zu bugsieren, ohne dass sie weiter Unheil anrichtet. Das war echt schwer, zumal man auch mit seiner Schwester nicht so komisch rumrangelt . . .

Ich kann nur hoffen, dass 27 Jahre später dieser weibliche Teil nicht mehr in diesem Ausmaß sein Unwesen in mir treibt.

Ob mir mein Traumbewusstsein darüber Aufschluss geben mag? Vielleicht sollte ich meine Träume mal wieder eine Weile aufschreiben.
Warum das alles ein seltsamer Zufall ist, hängt mit meinem nächsten Webinar  zusammen. Da sind solche Anima-Gestalten auch ein Thema. - Im nächsten Post mehr.